OFFENER BRIEF: Atlanta – War da was?

In Solidarität mit den rassistisch und sexistisch angegriffenen Asiatischen Communities veröffentlichen auch wir hier den offenen Brief vom 16. April 2021 der Projektgruppe des Asian Film Network (BAFNET), Deutsche Asiat*innen Make Noise (DAMN*), DIASPOR.ASIA, ichbinkeinvirus.org und korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e.V.:

For Daoyou Feng, Hyun Jung Grant, Suncha Kim, Soon Chung Park, Xiaojie Tan and Yong Ae Yue 

Offener Brief 

Atlanta – War da was?
Gegen anti-asiatischen Rassismus und gesellschaftliches Schweigen! Für interkommunale Solidarität und dekoloniales Gedenken!

Heute genau vor einem Monat wurden am 16. März 2021 sechs asiatische Migrantinnen aus China und Korea sowie zwei weiße Klient*innen in drei asiatischen Massagesalons in Atlanta (Georgia) durch einen jungen weißen christlichen Fundamentalisten ermordet. Aktive aus asiatisch-diasporischen Communities veranstalteten am 23. März 2021 eine Gedenkfeier für die Opfer der rassistischen und sexistischen Attacken an der Friedensstatue gegen sexualisierte Gewalt an Frauen in Berlin. Außerdem fand  am 28. März 2021 eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor gegenüber der U.S.-Botschaft statt.

Wir sind diverse Menschen mit unterschiedlichen Geschichten aus verschiedenen asiatisch-deutschen Communities wie aus anderen asiatischen Diasporen. Wir solidarisieren uns aus einer transnationalen Perspektive mit den asiatisch-amerikanischen Communities. Mit unserem politischen Handeln wollen wir einen Beitrag leisten, anti-asiatischen Rassismus sichtbarer zu machen und unsere Perspektiven dagegen setzen. Dies kann nur im Zusammenhang mit der Bekämpfung von anderen Formen von Rassismus sowie Sexismus und Klassismus erfolgen! 

Mit Bestürzung müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die gesellschaftspolitische Bedeutung dieses anti-asiatischen Massenmords weder in den USA und noch weniger in Deutschland tatsächlich anerkannt wird. Politisch wurde das Massaker an unschuldigen und unbewaffneten Opfern bisher nicht als terroristischer Anschlag gewertet und strafrechtlich auch nicht als “racial hate crime” verfolgt. Dabei steht außer Frage, dass die Mordtat geplant war und mit menschenverachtender Brutalität auf asiatische Frauen in asiatisch-diasporischen Räumen zielt. Angesichts der Tragweite dieses Ereignisses sind wir enttäuscht und wütend, aber nicht überrascht, dass ein Großteil der deutschen Medien nur spärlich über dieses Ereignis berichtet und unzureichend über historische wie gesellschaftliche Hintergründe informiert. Auch die deutsche Politik und Gesellschaft hat diese Morde nicht zur Kenntnis genommen. Damit setzt sich eine Tradition fort, in der anti-asiatischer Rassismus in der Gesellschaft systematisch unterschätzt, meist institutionell negiert und immer noch zu oft unsichtbar gemacht wird.

Wir weigern uns, als Sündenbock für die Corona-Pandemie instrumentalisiert zu werden. Mehr als 3.750 Angriffe gegen Asian Americans wurden seit Anfang 2020 in den USA verzeichnet. Auch in Deutschland sind verbale und körperliche Angriffe auf asiatisch wahrgenommene Menschen sprunghaft angestiegen. Dass erst jetzt mit der statistischen Erhebung zu anti-asiatischem Rassismus begonnen wird, ist bezeichnend. Dabei ist anti-asiatischer Rassismus auch in Deutschland kein neues Phänomen. Spätestens mit der deutschen Kolonialisierung chinesischer und pazifischer Gebiete im 19. Jahrhundert etablierte sich in Deutschland ein systemischer anti-asiatischer Rassismus. Die rassistischen Pogrome 1991 in Hoyerswerda und 1992 in Rostock-Lichtenhagen, sowie die Ermordung etwa von Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân 1980 in Hamburg, Phan Văn Toản 1997 in Fredersdorf, Duy-Doan Pham 2011 in Neuss und die Vergewaltigung sowie der Mord von Yangjie Li 2016 in Dessau verweisen auf historische Zusammenhänge. Unser Engagement gegen anti-asiatischen Rassismus ist grundlegend mit anti-rassistischen Kämpfen und historischen Erfahrungen von anderen Communities of Color verbunden. Dazu gehört beispielsweise die Auseinandersetzung mit dem NSU-Terror, dem Anschlag von Hanau oder unser Support für die Black Lives Matter-Bewegung. 

Ein Jahr nach dem rassistischen Terroranschlag in Hanau gibt es immer noch keine bundespolitische Gesamtstrategie gegen Rassismus. Weiterhin bleibt unklar, wie die vom Kabinettausschuss gegen Rechtsextremismus und Rassismus vorgelegten Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Auch die Blockade des Demokratiefördergesetzes durch die CDU bringt einmal mehr zum Ausdruck, dass dem Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus keine Priorität eingeräumt und das Engagement von zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht gewürdigt wird. 

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Pressemitteilung des Bündnisses #GegenBerufsverbot 2/2021

Nachfolgend findet ihr eine aktuelle Pressemitteilung des Bündnisses #GegenBerufsverbot, an dem sich xart splitta seit Ende 2019 beteiligt:

BERLINER BILDUNGSVERWALTUNG IGNORIERT SEIT JAHREN HÖCHSTRICHTERLICHE RECHTSPRECHUNG – EIN ARMUTSZEUGNIS!

Berlin, 15. Februar 2021: Das Bundesarbeitsgericht bestätigte am 27.08.2020 die Verurteilung des Landes Berlin zu einer Entschädigungszahlung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Nun liegt die schriftliche Begründung der rechtskräftigen Entscheidung vor: Die diskriminierende Einstellungspraxis der Bildungsverwaltung widerspricht der Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts von 2015, nach der das Kopftuch im Unterricht nicht pauschal ablehnt werden darf. Die Bildungsverwaltung ignoriert die Entscheidung und will den Rechtsstreit vor das Bundesverfassungsgericht bringen.

„Die Senatsverwaltung für Bildung missachtet seit Jahren höchstrichterliche Rechtsprechung und scheut sich nicht vor weiteren Niederlagen. Auch wohl nicht vor dem Bundesverfassungsgericht, wo Frau Scheeres entgegen gravierender rechtlicher Bedenken eine Verfassungsbeschwerde einreichen will. An der diskriminierenden Einstellungspraxis hat sich in Berlin auch nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts nichts geändert, muslimischen Lehrerinnen wird ein gleichberechtigter Zugang weiterhin verwehrt! Die Verurteilungen zu lächerlichen Entschädigungs- und Vergleichszahlungen schmerzen nicht, diese Ignoranz sollte Konsequenzen haben“, so Zeynep Çetin von Inssan e.V.

„Das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes in Erfurt stellt eine hochrangige Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitsverbots bzw. des sog. Neutralitätsgesetzes und der Religionsfreiheit muslimischer Frauen* in Deutschland dar. Auch hat das Urteil symbolischen Wert und erinnert Politik und Gesellschaft daran, dass die Kriminalisierung und der Ausschluss von Muslim*innen falsch ist und verhindert werden muss“, so  Miriam Aced vom Bündnis #GegenBerufsverbot.

Gabriele Boos-Niazy vom Aktionsbündnis muslimischer Frauen (AmF) kommentierte: „Schon im August 2020 schrieb das BAG in seiner Pressemitteilung der Berliner Senatsverwaltung ins Stammbuch, dass die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch für sie Geltung haben. Die nunmehr seit fast sechs Jahren anhaltende Missachtung dieses Grundsatzes unserer Rechtsordnung ist ein fatales Signal nicht nur gegenüber den unmittelbar betroffenen Frauen, sondern weit darüber hinaus. Es ist höchste Zeit, dass der Senat sich an die selbst gesetzten Richtlinien seiner Regierungspolitik hält, in denen er verspricht: „Der Senat setzt sich für einen diskriminierungsfreien Zugang zu Ausbildung und Beruf ein.“

Seit 2017 wehrte sich die Klägerin gegen die Ablehnung durch das Land Berlin, mit Kopftuch an der Schule zu unterrichten. Sie verklagte das Land Berlin auf Schadenersatz wegen Diskriminierung aufgrund der Religion nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen. In zweiter Instanz entschied das Landesarbeitsgericht Berlin jedoch zugunsten der Klägerin und sprach ihr Recht zu und verurteilte das Land zur Zahlung einer Entschädigung. Das Land Berlin könne sich für die Ablehnung der Bewerbung nicht auf das sog. Neutralitätsgesetz berufen. Das sog. Neutralitätsgesetz verstoße gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, an die es gebunden ist. Ein pauschales Berufsverbot für muslimische Lehrerinnen mit Kopftuch ist unzulässig. Das Land Berlin war gegen das Urteil vorgegangen und hatte Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt.

Pressemitteilung als PDF


Über das Bündnis #GegenBerufsverbotDas Bündnis #GegenBerufsverbot ist ein Zusammenschluss mehrerer Organisationen und Privatpersonen, die zum Thema Anti-Rassismus und Feminismus arbeiten und in der Debatte um das sogenannte Neutralitätsgesetz sowohl die Betroffenenperspektive als auch menschen-, bürger- und frauen*rechtliche Argumente sichtbar macht.

Kontakt:

Email: info@gegenberufsverbot.de

Homepage: https://gegenberufsverbot.de/


Zur Vewendung des Genderdoppelpunktes ab Februar 2021

Liebe Alle,

wir haben uns entschieden, ab jetzt in allen von xart splitta veröffentlichten Texten, anstelle des Gendersterns, den Genderdoppelpunkt zu verwenden. Hierzu haben wir uns im Team ausgestauscht und gemeinsam eingelesen, denn auch wir befinden uns stetig in Diskussionen dazu, welche Form wir am ehesten Verwenden möchten. Für uns sind dies Prozesse, die zum ständigen aktiven Lernen & Verlernen gehören und es sind Prozesse, die konstant im Wandel sind und bleiben. Ausschlagebend für den Wechsel zum Doppelpunkt, waren für uns in erster Linie, die Vorteile gegenüber dem Genderstern oder -gap in Bezug auf Barrierereduzierung – bspw. bei Vorleseprogrammen.

Die Verwendung des Doppelpunkts bleibt für uns zunächst ein Versuch und wir hoffen, dass uns diese Veränderung auch weiterhin als sinnvoll erscheinen wird.

Tschüss 2020!

Liebe Communities, Freund*innen, Unterstützer*innen, Interessierte,

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ein Jahr geht zu Ende, das auf vielen Ebenen schwierig und für uns alle herausfordernd war. Ein Jahr, in dem uns nochmals vor Augen geführt wurde, wie wichtig ein solidarisches Zusammenarbeiten unserer jeweiligen Communities ist, aber auch wie gut dieser Community-Zusammenhalt, trotz aller Widrigkeiten, funktionieren kann. Für uns wurde in diesem Jahr die Resilienz, das Durchhaltevermögen und die Kraft unserer Communities verstärkt deutlich.

Wie so viele Organisationen und Projekte haben wir unsere Arbeit in diesem Jahr hauptsächlich in digitaler Form weitergeführt. Dabei haben wir zwar gemerkt, dass Präsenzräume für unsere Arbeit und die Themen, mit denen wir uns beschäftigen unentbehrlich sind, wurden uns jedoch auch der Vorteile digitaler Formate bewusst. Dies gilt vor allem im Hinblick auf Barrierreduzierung, weshalb wir auch jenseits von Covid-19 im nächsten Jahr und perspektivisch digitale Angebote durchführen werden.   

Dem werdet ihr vor allem im Rahmen unseres neuesten, von der BpB geförderten, Projektes begegnen. Dieses haben wir erst im November diesen Jahres gelauncht – mit viel Herz, Freude und Aufregung.
The Living Archives ist eine online Plattform zur Dokumentation, Archivierung und Weitergabe von Wissen aus und für BIPoC Communities. Wir sind gespannt auf die Weiterentwicklung dieses Projektes mit und für euch. Mehr dazu findet ihr hier: www.thelivingarchives.org.

Der Großteil unserer Arbeit hat sich 2020 um das durch die LADS geförderte Projekt #CommunitiesSolidarischDenken gedreht. Wir freuen wir uns, euch unsere Jahresabschlussbroschüre vorstellen und damit einen kleinen Einblick in die Themen geben zu können, mit denen wir uns bei #CommunitiesSolidarischDenken befasst haben.

Hier gilt unser großer Dank allen Beteiligten! Insbesondere den Teilnehmenden der Fokusgruppengespräche des Projektes, sowie Elliot Blue für die schöne Zusammenarbeit, in dessen Rahmen unsere Drachen der Legion of Community Superpowers entstanden sind.

Im Rahmen von #CommunitiesSolidarischDenken und darüber hinaus konnten wir auch viele tolle Kooperation in diesem Jahre eingehen, u.A. mit BIWOC* Rising. Dabei ist dieser wunderschöne Film von Mizu Sugai zu Safer Spaces entstanden.

Mit den neuen deutschen organisationen haben wir unsere Projektabschlussveranstaltung In.Solidarity im November dieses Jahres durchgeführt und freuen uns auch hier über die bereichernde Zusammenarbeit. Die Dokumentation dieser Veranstaltung findet ihr ab dem nächsten Jahr auf The Living Archives.

In der Kooperation mit Afrofilm and Diasporic Realities wurde die tolle Reihe Afrofilm initiiert und monatlich Filme afrodiasporischer Realitäten gezeigt. Der nächste und letzte dieses Jahres findet morgen, am 17.12., statt! Mehr Informatonen findet ihr hier. Auch im nächsten Jahr könnt ihr euch auf Weiteres von Afrofilm freuen.

Für unsere Körper war dieses Jahr auch etwas dabei: Mit It’s About Our Booties gab es eine Körperempowermentreihe für dicke_fette Schwarze, Indigene, of Colour Körper mit Behinderung(en).

Und nicht zuletzt konnten wir in diesem Jahr auch zusätzlich zu DGS I einen DGS II Kurs mit Diana Spieß und dem Team von Lebendige Gebärden durchführen und hoffen diesen auch 2021 erneut anbieten zu können.

Nun bleibt vorerst nichts weiter zu sagen, als Danke! Danke für euren Support, eure Gedanken, eure Ideen. Danke, aber auch Respekt an euch alle für eure Stärke, Kreativität und Resilienz in diesen Pandemiezeiten. Wir wünschen euch – mehr denn je – erholsame freie Tage und Zeit zum Ausruhen und Durchatmen. Wir freuen uns auf ein hoffentlich etwas weniger herausforderndes neues Jahr und wünschen euch allen viel Kraft und alles Gute für den Jahreswechsel und für 2021.
 
Alles Liebe eurer xart splitta Team
 
Juli, Marissa, Therese und Iris